25.01.24 – Elgger / Adorfer Zeitung: Atemlose Spannung, grandiose Leistung

von Stephanie Hugentobler

Susanne Odermatt und Patrick Boog boten eine unglaublich grossartige Leistung. Bild: Stephanie Hugentobler

Grosses Kino auf der Bühne

Susanne Odermatt und Patrick Boog vermochten das rund vierzigköpfige Publikum von der ersten Minute an mitzunehmen und mit ihrem ausdrucksstarken Spiel zu fesseln, um es bis zum Ende (und wohl auch darüber hinaus) nicht mehr loszulassen. Im Showdown des Stücks – ja, das kann es auch im Theater geben, abgesehen davon, dass Odermatt und Boog ohnehin grosses Kino boten – hätte man wohl minutenlang sogar eine Stecknadel fallen hören können, derart gebannt und atemlos waren die Zuschauerinnen und Zuschauer vom Geschehen.
Die Geschichte der «Deutschlehrerin», einem Roman von Judith W. Taschler, ist schnell erzählt, zumindest, wenn man sie nur in groben Zügen und ohne zu viel zu verraten, anteasen will. Die Deutschlehrerin Mathilda wird von Xaver, ihrer grossen Liebe, ohne Vorankündigung verlassen, was die junge Frau kaum verkraftet. Das Bühnenstück setzt ein, als sich die beiden 16 Jahre später erstmals wieder treffen, scheinbar zufällig. Xaver und Mathilda lassen ihre Beziehung Revue passieren, beide aus ihrer Perspektive, und berichten einander auch von ihrem Leben danach. Zuerst per E-Mail, dann findet der Austausch im richtigen Leben statt, von Angesicht zu Angesicht.

Wenn sich Abgründe auftun

Es ist eine Geschichte voller Überschwang und Freude, aber auch Zurückhaltung, eine Begegnung voller Annäherung und Zurückweisung, ein Drama voller Liebe und Schmerz, Zärtlichkeit, Rache, Leidenschaft und Hass. Die beiden Protagonisten erzählen einander Geschichten, so wie sie es in früheren, glücklichen Jahren taten – doch welche Geschichte stimmt? Die abgrundtief böse, schreckliche? Die abgrundtief traurige – oder gibt es noch eine dazwischen?
Nach fünfviertel Stunden ohne Pause und furiosem Schauspiel mit vielen leisen Zwischentönen und auch sehr lauten, stimmgewaltigen und klaren Worten, bedankte sich das Publikum mit minutenlangem Applaus für die grossartige Leistung und war wohl auch auf dem Heimweg durch die eisige Nacht in Gedanken bestimmt noch bei Mathilda und Xaver; nicht sicher, was einem mehr Gänsehaut beschert, die Aussentemperatur oder deren Geschichte.

STEPHANIE HUGENTOBLER

https://elgger-zeitung.ch/atemlose-spannung-grandiose-leistung

27.03.2023 – thurgaukultur.ch: Geschichten gegen das Schweigen

von Judith Schuck

Geschichten gegen das SchweigenSusanne Odermatt spielt Mathilda Kaminski, die ihren Ex-Partner auf ungewöhnliche Art verhört. | © z.V.g.

Was ist die Wahrheit? In „Die Deutschlehrerin“ nähern sich Mathilda und Xaver ihr über die Fiktion an. Das packende Beziehungsdrama mit Susanne Odermatt und Patrick Boog kommt am 4. März ins Theaterhaus Thurgau. (Lesezeit: 2 Minuten)

Die Beziehung eines scheinbar perfekten Paares zerbricht von einem Tag auf den anderen. Ein Kind verschwindet. Und nach 16 Jahren begegnen sich Mathilda und Xaver zufällig wieder. Wirklich ein Zufall? Wie so vieles bleibt dies im Stück von Thomas Krauss offen. Es basiert auf dem Roman der Österreicherin Judith W. Taschler, der 2014 mit dem Friedrich Glauser Preis, einem der wichtigsten deutschen Krimi-Preise, ausgezeichnet wurde. Wie all ihre Geschichten zeichnet sich das Drama durch einen raffinierten Aufbau aus. Susanne Odermatt, Produzentin und Schauspielerin, findet: „Wenn die Zuschauer:innen zu ahnen glauben, was damals geschehen ist, tappen sie im nächsten Moment wieder im Dunkeln.“

Mathilda (Susanne Odermatt) und Xaver (Patrick Boog) lernten sich im Germanistikstudium kennen. So verschieden sie sind, so sehr finden sie sich in ihrer gemeinsamen Leidenschaft, dem Geschichtenerzählen. Immer spielt hier eine gewissen Rivalität mit hinein. Nachdem Xaver mit einem Jugendbuch reüssiert, bei dem Mathilda mitwirkte, ohne genannt zu werden, verlässt er sie abrupt für eine reiche, berühmte Frau. Die Beziehung dieses Paares zerbricht, als ihr kleines Kind plötzlich spurlos verschwindet.

Von der Fiktion in die Wahrheit

Das Wiedertreffen von Mathilda und Xaver findet bei einem Schreibseminar statt. Mathilda möchte über den Weg der Fiktion der Wahrheit über das Kind auf den Grund gehen. „Sie bringt Xaver dazu, zu erzählen., was er in all den Jahren verschwiegen hat“, sagt Odermatt.

Die Idee für die Produktion kam von Regisseur Marcelo Diaz, der damit auf die Frauenfelder Schauspielerin mit Zürcher Wurzeln zukam. „Die Geschichte liess mich nicht mehr los, sie hat mich vollends in ihren Bann gezogen.“ Susanne Odermatt arbeitet bereits zum dritten Mal mit Diaz zusammen und schätzt seinen Spürsinn für tieftragende Geschichten, die heutige Menschen angehen, aber auch, wie er sie als Interpretin fordert, authentische Figuren zu verkörpern.

„Die Geschichte liess mich nicht mehr los, sie hat mich vollends in ihren Bann gezogen.“

Susanne Odermatt

„Die Figur muss leben!“ sei sein Credo und Odermatt liebt diese Herangehensweise, „auch wenn ich mich nicht unbedingt mit Mathilda identifizieren kann.“ Aber hineinspüren in sie und ihren Blickwinkel annehmen, das packe sie um so mehr. „Ich habe Distanz zur Figur, muss mir aber ihre Emotionen holen.“ Patrick Boog, der Xaver verkörpert, empfindet sie als das ideale Gegenüber, „wir ergänzen uns gut und spielen einander so zu, dass wahre Momente entstehen.“

Bühne mit sanften Projektionen

Das Bühnenbild gestaltete Andreas Wagner. Auch mit ihm arbeitete Odermatt schon zusammen. „Seine schlichten, abstrakten Bühnenbilder und seine sanften Projektionen dienen ganz der Geschichte und den Figuren.“

Xaver (Patrick Boog) im verdeckten Verhör.
Xaver (Patrick Boog) im verdeckten Verhör. Bild: z.V.g.

Premiere feierte das Stück im September 2022 im Eisenwerk in Frauenfeld und es folgten weitere Aufführungen in Winterthur und Kreuzlingen. Das Stück schaffte es in die Auswahl der diesjährigen Künstlerbörse in Thun im April, doch vorher gastiert es am 4. März in Weinfelden, veranstaltet von Frohsinn Kultur und anschließend noch zweimal in Zürich.

„Von allem Anfang an gelingt es Susanne Odermatt und Patrick Boog all die Hoffnung und Bitterkeit überzeugend zum Ausdruck zu bringen“, schrieb Rolf App in seiner Besprechung im Tagblatt. „Manchmal bringen sie ihr Publikum zum Schmunzeln, lassen die Ausgelassenheit des jungen Paars durchscheinen.“

17.09.22 – Tagblatt: Auf der Achterbahn des Lebens: «Die Deutschlehrerin» im Eisenwerk Frauenfeld ist ein packendes Psychodrama

von Rolf App

Gerade ist noch heile Welt. Dann verschwindet ein Kind spurlos. Was ist passiert? Um diese Frage dreht sich «Die Deutschlehrerin» von Thomas Krauss nach einem Roman von Judith W. Taschler. Das Zwei-Personen-Stück feierte am Freitag im Eisenwerk Frauenfeld Premiere.

Am Ende des Stücks steht eine grosse Nachdenklichkeit: Susanne Odermatt als Mathilda, Patrick Boog als Xaver in «Die Deutschlehrerin».
Am Ende des Stücks steht eine grosse Nachdenklichkeit: Susanne Odermatt als Mathilda, Patrick Boog als Xaver in «Die Deutschlehrerin».

Einige Jahre ist es mit Xaver Sand stetig aufwärts gegangen. Zuerst ist eine Jugendbuch-Trilogie aus seiner Feder zum Erfolg geworden, dann hat er die Tochter eines reichen Hoteliers geheiratet und mit ihr einen Sohn bekommen. Auf ihrem prachtvollen Bauernhof samt zukunftsweisender Biogas-Anlage sind die Journalisten gern zu Gast gewesen.

Doch dann ist das Kind spurlos verschwunden – entführt vermutlich – und hat ein tiefes, schwarzes Loch in Xavers Leben gerissen. Was ist passiert? Um diese Frage dreht sich das Zwei-Personen-Stück «Die Deutschlehrerin» von Thomas Krauss nach einem Roman von Judith W. Taschler, in dem sich Susanne Odermatt und Patrick Boog im Eisenwerk Frauenfeld unter der Regie von Marcelo Diaz auf eine Achterbahn heftigster Gefühle begeben.

Der innere Aufruhr steht dabei in auffälligem Gegensatz zur Ruhe, die der äussere Rahmen ausstrahlt: Ein von Andreas Wagner auf die Bühne gestelltes, weisses Oval, das im ersten Teil Projektionsfläche manchmal idyllischer, manchmal eher trostloser Naturbilder wird, im zweiten Teil dann zur Sitzgelegenheit, dazu an den neuralgischen Punkten eingeblendete Instrumentalmusik.

Da brechen alte Wunden auf

Mit einem harmlosen Mail fängt alles an. Im Dezember 2017 erkundigt Xaver Sand sich bei einem gewissen M.K. nach der Schreibwerkstatt an ihrer Schule, für die er vom Landesschulrat Tirol engagiert worden ist. Rasch stellt sich heraus: M.K. ist eine Frau, sie heisst Mathilda Kaminski. Mehr noch: Sie ist Xavers Ex-Freundin. Die er vor sechzehn Jahren von einem Tag auf den andern verlassen hat. Sitzen gelassen ohne jede Erklärung.

Jetzt treffen sie sich wieder, schriftlich zunächst in ihrem Mailverkehr, dann zur Schreibwerkstatt selbst. Alte Wunden brechen auf, doch dann, als Xaver von der Entführung erzählt, wird der Ton weicher. Und geht bei ihrem Zusammentreffen am Rande der Schreibwerkstatt über in das, was sie früher gern gemacht haben: Geschichten erfinden. Diesmal sind es Geschichten um ein verschwundenes Kind, und nach und nach muss Xaver, dieser alte, von seiner Ex-Freundin mit grosser Energie in die Enge getriebene Feigling, gestehen, was damals wirklich geschehen ist.

Susanne Odermatt und Patrick Boog, als Mathilda Kaminski und Xaver Sand.
Susanne Odermatt und Patrick Boog, als Mathilda Kaminski und Xaver Sand. Bild: Sandra Balli

Von allem Anfang an gelingt es Susanne Odermatt und Patrick Boog, als Mathilda Kaminski und Xaver Sand das Auf und Ab ihrer Beziehung, all die Hoffnung und Bitterkeit überzeugend zum Ausdruck zu bringen. Manchmal bringen sie ihr Publikum zum Schmunzeln, lassen die Ausgelassenheit des jungen Paars durchscheinen.

14.09.22 – thurgaukultur.ch: Liebe und Hass: Die Welt der Ambivalenzen

von Brigitte Elsner-Heller

Liebe und Hass: Die Welt der AmbivalenzenXaver und Matilda begegnen sich 16 Jahre nach Ende ihrer Beziehung. Keine einfache Situation. (Susanne Odermatt und Patrick Boog). | © Brigitte Elsner-Heller

„Die Deutschlehrerin“ kommt als Eigenproduktion von Susanne Odermatt im Eisenwerk Frauenfeld auf die Bühne.

Sechzehn Jahre. Das können Jahre sein, die wie im Flug vergehen, es kann aber auch eine Zeitspanne sein, die ein Leben komplett anders ausrichtet. Und was sind sechzehn Jahre, wenn sich ein Paar wieder begegnet, das einst ein Liebespaar war? Was will dieser Zufall im Leben zweier Menschen – wenn es denn überhaupt ein Zufall war? Was wird passieren? Oder noch viel bedeutsamer: Was ist alles passiert?

Ein Roman auf der Bühne

Die Autorin Judith W. Taschler hat in ihrem Roman „Die Deutschlehrerin“ eine solche Begegnung entworfen, und da es sich um einen literarischen Text handelt, dürfte dies kaum eine harmlose Begebenheit sein. Xaver hat Matilda einst ohne Vorankündigung verlassen, hat eine andere Frau geheiratet, jünger und aus reichem Haus. Als Kinderbuchautor ist er bekannt geworden, während aus Matilda eine Deutschlehrerin geworden ist, die ihren Dienst versieht. Dass sie und Xaver sich bei einem Schreibseminar wieder begegnen – ein Zufall?

Xaver (Patrick Boog) erhält eine Einladung zum Workshop. Wie er auf Matilda treffen wird, weiss er noch nicht. Bild: Brigitte Elsner-Heller

Judith W. Taschlers Roman, der psychologisch tiefgründig angelegt ist und dabei mit Elementen des Kriminalromans Spannung aufbaut, ist 2014 mit dem Friedrich-Glauser-Preis ausgezeichnet worden. Und da der Stoff das Zeug dazu hat, über Buchdeckel hinaus zu wirken, ist er auch auf der Bühne gut aufgehoben. Thomas Krauss hat die Bühnenfassung geschrieben, deren deutsche Erstaufführung in diesem Jahr in den Hamburger Kammerspielen stattfand.

In die Schweiz kommt das Kammertheater für zwei Personen nun mit der Frauenfelder Schauspielerin Susanne Odermatt (Schauspiel und Produktionsleitung) und ihrem Schauspielkollegen Patrick Boog. Wie bei den beiden vorangegangenen Eigenproduktionen „Countdown oder das Ticken der Eieruhr“ sowie „Das kleine Pony“ führt Marcelo Diaz Regie, Andreas Wagner sorgt erneut für die Ausstattung.

Susanne Odermatt produziert „Die Deutschlehrerin“ und spielt Matilda. Bild: Brigitte Elsner-Heller

„Die Deutschlehrerin“ wird ab dieser Woche zunächst im Theater im Eisenwerk gespielt. Am Freitag dieser Woche, 16. September 2022, ist dort Premiere. Insgesamt neun Aufführungen sind geplant, auf das Eisenwerk in Frauenfeld folgen die Stationen Weinfelden, Kreuzlingen, Winterthur und Zürich.

Spannung bis zuletzt

Es ist nicht einfach, sich die „Lösung des Falles“ auszumalen, zumal es für ein Theater auch reizvoll sein kann, das Ende offen zu lassen – wobei die Regie dann eher auf die Ambivalenz setzt, die das Leben mit sich bringt. So viel sei hier vorab verraten: Es gibt in diesem Fall ein eindeutiges Ende, wie Marcelo Diaz sagt, und Susanne Odermatt, die als Matilda sicher gefordert ist, kann bei aller Dramatik des Geschehens auf der Bühne durchaus ein Stück weit beruhigen, was den Ausgang angeht: „Man ist befreit, man weiss, was läuft.“ Aber das ist nicht durchgehend so, der Theaterabend verspricht unvorhergesehene Wendungen. „Es gibt eine zentrale Stelle, wo Matilda ziemlich abdreht“, wirft Susanne Odermatt ein. „Es ist eine heftige Stelle, wo man nicht sicher ist, wer Matilda ist.“

Die alte Frage: Wie ticken Männer und Frauen?

Während Marcelo Diaz von der Theaterfassung begeistert ist, weil sie sehr genau gearbeitet sei und alle Stränge, die der Roman verfolgt, exakt nachzeichne, hat sich Susanne Odermatt zusätzlich den Roman zur Hand genommen, um sich der Figur der Matilda noch mehr anzunähern. Ambivalenz ist das Wort, das im Gespräch mit dem Theaterteam zum zentralen Begriff wird.

Auffällig auch, dass dabei mehr über Matilda als über Xaver gesprochen wird, der mit seinem egoistischen Verhalten, seinem Narzissmus, augenscheinlich den aktiveren Part spielte, als die langjährige Beziehung zerbrach. Liebe und Hass bestimmen das erneute Zusammentreffen, wobei Xaver in den ersten Emails, die er wegen des Schreibseminars mit Matilda austauscht, noch ganz unbefangen wirkt. „Er ist nicht so ambivalent, er ist eher klar“, sagt Marcelo Diaz dazu.

Matilda (Susanne Odermatt) reagiert verhalten auf Xavers Kontaktaufnahme per Email. Bild: Brigitte Elsner-Heller

Klingt das alles noch nach einem Wiedersehen, das eben nicht nur gute Erinnerungen aufleben lässt, wird es ungleich spannungsreicher, als es um das kleine Kind geht, das verschwunden ist, und dessen Verlust die Ehe von Xaver und seiner neuen Frau offenbar zerstört hat. Und es geht immer auch um Karrieredenken und Narzissmus. Doch auch bei Xaver zeichnet sich ein Entwicklungsbogen ab. Marcelo Diaz hat das an das Peer Gynt-Thema erinnert, der in seiner Verblendung nicht erkannte, dass er das, was er suchte, längst gehabt hatte: Geborgenheit.

Konzentration bei den Proben

Während das Gespräch in lockerer Atmosphäre stattfand, verändern sich Susanne Odermatt, Patrick Boog, Marcelo Diaz und Andreas Wagner, sowie sie mit der Probe beginnen. Eine Mischung aus Konzentration und Anspannung begleitet die letzten Proben vor der Premiere am Freitag. Die Kostüme lassen Patrick Boog auf einmal auf seltsam schlacksige Art das Selbstbewusstsein eines vermeintlichen Gewinners ausstrahlen, und Susanne Odermatt wird in Kleid und Strickjacke zu einer Frau, die mehr existiert, anstatt zu leben. Stiefel zum Kleid? Nein, zu dominant. Lieber die klassischen Schuhe, die schon Generationen von Frauen zum Kleid trugen.

Das Team vor den Toren des Eisenwerks, wo die Premiere stattfindet: Andreas Wagner (Ausstattung), Marcelo Diaz (Regie), Susanne Odermatt (Produktion und Schauspiel) und Patrick Boog. Bild: Brigitte Elsner-Heller

Das Saal-Licht wird gedimmt, und im Hintergrund ist nun der Musik der Griechin Eleni Karaindrou zu lauschen, während sich auf der ovalen Leinwand im Hintergrund Natur als Video (noch) beruhigend ausbreitet. Dann „begegnen“ sich Xaver und Matilda – weit voneinander entfernt allerdings, an zwei Mikrophonen stehend. Sie sprechen die Emails, die ausgetauscht werden, bevor sie sich schliesslich in der Wirklichkeit gegenüberstehen. Dass eine Pistole vor Probenbeginn versteckt wurde, lässt ahnen, dass das Stück viele Facetten zwischen Liebe und Hass auslotet.

Man wird sehen. Ein erstes Mal am kommenden Freitag im Eisenwerk.

13.09.22 – Tagblatt: Neues Theaterstück feiert Premiere im Eisenwerk in Frauenfeld

von Inka Grabowsky

Krimirätsel und Philosophiestunde im Eisenwerk: Neues Theaterstück erzählt in Frauenfeld von einer Trennung, einer Wiederbegegnung und der Suche nach dem Warum

Das Theaterstück «Die Deutschlehrerin» feiert im Eisenwerk Premiere. Die Hauptrollen spielen Susanne Odermatt und der Luzerner Patrick Boog. Die Geschichte erzählt von einer überraschenden Trennung, einer scheinbar zufälligen Wiederbegegnung und der Suche nach dem Grund für das Scheitern in der Vergangenheit.

Patrick Boog, er spielt den Ex-Partner, und Susanne Odermatt als die Deutschlehrerin im gleichnamigen Stück.
Patrick Boog, er spielt den Ex-Partner, und Susanne Odermatt als die Deutschlehrerin im gleichnamigen Stück.
Bild: Sandra Balli

«Wir sind am Anfang des Endspurts», sagt Schauspielerin Susanne Odermatt. Bald feiert «Die Deutschlehrerin» Premiere im Eisenwerk Frauenfeld. Odermatt spielt die Hauptrolle und hat die Produktionsleitung inne. Das Theaterstück, das Thomas Krauss nach dem Roman von Judith W. Taschler geschrieben hat, habe sie sofort gepackt. Es geht um eine Frau, die unvermutet von ihrem langjährigen Partner verlassen wird, ihn nach Jahren scheinbar zufällig wieder trifft und nun ergründen will, was damals passiert ist.

«Die Geschichte ist spannend wie ein Krimi, bei dem man bis zum Schluss mitraten kann ‒ aber hat eben auch Tiefgang.»

Susanne Odermatt, selbstständige Schauspielerin.
Susanne Odermatt, selbstständige Schauspielerin.
Bild: PD

Das sagt Odermatt über das Theaterstück. Als Gegenüber hat sie sich den Luzerner Schauspieler Patrick Boog ausgesucht. «Wir haben ein Casting gemacht und suchten eine Art Gigolo. Und dann kam Patrick, der gutaussehend, aber ganz anders ist. Es hat sofort gepasst.» Schauspielerisch seien die Rollen der Deutschlehrerin und ihres Ex-Partners anspruchsvoll. Wichtig sei, eine Verbindung zur Figur zu finden und ihr echte Emotionen zu schenken, erklärt Odermatt. Sie profitiere dabei sehr von der Erfahrung des Regisseurs Marcelo Diaz, den sie auch als Künstlerischen Leiter engagiert hat. «Wir arbeiten Szene für Szene heraus, was die Figuren gerade umtreibt. In Zusammenarbeit mit dem Partner ergibt sich vieles fast automatisch. Es ist magisch, wenn die Energie überspringt.»

Das Eisenwerk als idealer Partner

Im Hintergrund der Geschichte rund um die Deutschlehrerin und ihren Ex-Partner steht die Suche nach dem individuellen Glück und das Scheitern dabei. «Ich bin bekannt dafür, keine Gute-Laune-Stücke zu machen», sagt Odermatt.

Das Eisenwerk in Frauenfeld von aussen.
Das Eisenwerk in Frauenfeld von aussen.
Bild: Andrea Tina Stalder

«Man soll aber nicht zerstört, sondern bestenfalls aufgewühlt aus dem Theater gehen. In der Erkenntnis, warum man gescheitert ist, liegt ja auch ein Hoffnungsschimmer.»

Das Theaterstück erforderte umfangreiche Vorarbeiten. Odermatt erzählt: «Ich habe Anträge auf Fördergelder gestellt und diese auch bekommen. Und ich habe mit dem Eisenwerk einen Partner gefunden, der uns nicht nur für die Premiere engagiert hat, sondern auch den Theatersaal für die Endproben zu Verfügung stellt und bei der Werbung hilft.»

Das Team, in dem Andreas Wagner als Bühnenbildner und Jon Brunke als Techniker dabei sind, ist gespannt auf die Resonanz. Sowohl das Eisenwerk als auch Susanne Odermatt haben ein Stammpublikum. «Aber es scheint derzeit geradezu ein Überangebot an kulturellen Veranstaltungen zu geben», gibt die Schauspielerin zu bedenken. Immerhin geben ihr die Fördergelder die Sicherheit, das Team auch bezahlen zu können.

«Die Deutschlehrerin» läuft vom 16. bis 18. September im Eisenwerk, anschliessend am 29. Oktober im Theater an der Grenze in Kreuzlingen und am 30. November im Theater am Gleis in Winterthur. Weitere Informationen auf www.diedeutschlehrerin.ch